Wohnt Ihr in einem Bundesland, in dem der Übertritt gesetzlich geregelt ist, dürft Ihr als Eltern nicht entscheiden auf welche weiterführende Schule Euer Kind kommt. Es hängt dann davon ab, welchen Notendurchschnitt Euer Kind im Übertrittszeugnis hat. Dass eine Note auch schnell mal versemmelt ist weiß jeder. Und dann kann schnell der Traum vom Gymnasium oder der Realschule geplatzt sein. Obwohl man sich sicher ist, dass das eigene Kind die Fähigkeit hat um auf der gewünschten Schule zu bestehen.
Was soll ich tun – die möglichen Schritte
Was also tun, wenn sich herausstellt, dass das Übertrittszeugnis nicht die erforderlichen Noten haben wird, den Euer Kind für die Wunschschulart benötigt? Wenn Ihr Euch jetzt überlegt: wie klage ich am besten gegen das Übertrittszeugnis, dann findet Ihr hier alle nötigen Informationen.
Zuvor noch ein kurzer, aber wichtiger Disclaimer:
Ich bin kein Jurist und kann mit diesem Beitrag auch keine Rechtsberatung leisten. Ich zeige Dir hier mein Verständnis und die aus meiner Sicht notwendigen Schritte auf. Diese erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ich kann hierfür auch keine Haftung übernehmen. Um sicherzustellen, dass für Deine spezielle Situation alles bedacht ist, kontaktiere bitte unbedingt einen Rechtsanwalt.
Das Gespräch mit der Klassenlehrkraft
Der erste Schritt den Du unternehmen solltest, ist mit dem Lehrer / der Lehrerin ein Gespräch zu suchen. Setze Dich mit der Klassenlehrkraft Deines Kindes zusammen und frage sie nach ihren Bewertungsmaßstäben.
Mit welchem Anteil fließt die mündliche Note in die Gesamtnote ein? Wurde eine praktische Arbeit oder eine Buchpräsentation bewertet? Jeder Lehrer hat bei seinen Bewertungen einen Ermessensspielraum. Hier kannst Du sicherlich mit der Lehrkraft diskutieren. Ob zum Beispiel eine besonders gute Heftführung in die Benotung einfließen sollte, kannst Du auch diskutieren. Hat Dein Kind die Hausaufgaben immer ordentlich gemacht? Dann kann auch dieser Faktor in die Notengebung miteinfließen.
Ich habe meine Tochter einmal krank in die Schule geschickt, um eine Probe zu schreiben. Natürlich hat sie die Probe verhauen. Am Ende des Schuljahres hat ihr in der letzten Probe 1 Punkt gefehlt zur Note 1 im Jahreszeugnis. Mit der Argumentation, dass sie einmal krank war und ihre Leistung doch sonst immer sehr gut war, die Mitarbeit gut war etc. hat der Lehrer seinen Bewertungsspielraum geltend gemacht und die Note geändert. Zwar ging es nur um ein „kosmetisches“ Ergebnis, aber dies beweist, dass es möglich ist eine Note im Nachhinein zu ändern. Dies liegt immer im Ermessen des Lehrers / der Lehrerin.
Deshalb macht es durchaus Sinn ein persönliches Gespräch zu vereinbaren. Bereite Dich mit guten Argumenten auf das Gespräch vor und bleibe freundlich, dann klappt es hoffentlich.
Die Schulleitung informieren
Will der Lehrer / die Lehrerin nicht auf Deine Argumente eingehen und sieht keine Veranlassung die Note bzw. das Zeugnis Deines Kindes zu ändern? Dann kannst Du im nächsten Schritt die Schulleitung informieren. Gehe mit den gleichen Argumenten und Diskussionspunkten zur Schulleitung und erläutere dort Deinen Standpunkt. Die Schulleitung führt anschließend ein Gespräch mit der Lehrkraft und lässt sich die Situation vom Lehrer / von der Lehrerin erläutern.
Vielleicht sieht der Schulleiter / die Schulleiterin die Sachlage genauso wie Du? Wenn dem so ist, dann hast Du gute Chancen, dass die Note bzw. das Zeugnis Deines Kindes geändert wird. Vertritt die Schulleitung allerdings die Meinung der Klassenlehrkraft, dann bleibt Dir als nächsten Schritt das Schulamt zu informieren.
Die Beschwerde beim Schulamt
Beim Schulamt reichst Du eine sogenannte formlose Beschwerde ein. Dies kann eine Fachaufsichtsbeschwerde oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde sein. Über Dienstaufsichtsbeschwerden gegen eine Lehrkraft entscheiden immer das Schulamt oder Regierung bzw. Ministerium – also nicht die Schulleitung
Ein allgemeiner Spruch unter Juristen über Dienstaufsichtsbeschwerden lautet allerdings: Sie sind – formlos, fristlos und fruchtlos.
Förmliche Rechtsbehelfe
Wenn die oben genannten Möglichkeiten ohne Erfolg geblieben sind, dann kannst Du förmliche Rechtsbehelfe einsetzen. Zu den förmlichen Rechtsbehelfen gehören der Widerspruch und die Klage.
Diese beiden Maßnahmen darfst Du allerdings nur einsetzen, wenn der Streitgrund ausschlaggebend für die weitere Schullaufbahn oder die berufliche Laufbahn Deines Kindes ist. Dies ist beim Übertrittszeugnis zum Beispiel der Fall.
Andere Beispiele, bei denen Du eine Klage einreichen kannst sind:
- Das Übertrittszeugnis ist nicht so ausgefallen, dass der Schnitt für die Wunschschule reicht
- Der Probeunterricht wurde nicht bestanden
- Dein Kind wird nicht in der Wunschschule aufgenommen
- Wenn Dein Kind nicht versetzt wird
- Das Abschlusszeugnis Deines Kindes ist schlecht ausgefallen
- Leistungsbewertungen die Prüfungsentscheidungen betreffen
- Ausschluss vom Unterricht oder vom Fach
- Verweis an eine andere Schule
Hat Dein Kind aber eine Gymnasialempfehlung im Übertrittszeugnis bekommen und Dir gefallen die Noten nicht, dann kannst Du deshalb nicht klagen. Eine einzelne Note, die Dir nicht gefällt, die aber keine Auswirkung auf den weiteren Lebensweg Deines Kindes hat, die kannst Du nicht rechtlich anfechten.
Der Widerspruch
Normalerweise ist der Ablauf folgendermaßen:
1. Dein Kind erhält das Übertrittszeugnis, das Abschlusszeugnis oder eine andere schulische Maßnahme
2. Auf dem Zeugnis steht ein sogenannter Rechtsbehelf. Das heißt, Du wirst auf dem Zeugnis belehrt, dass Du Widerspruch einlegen kannst.
3. Innerhalb eines Monats nachdem Dein Kind das Zeugnis erhalten hat, musst Du Widerspruch einlegen.
4. Den Widerspruch schickst Du an die Schule, die das Zeugnis ausgestellt hat. In anderen Fällen geht der Widerspruch immer an die Stelle, die den Bescheid ausgestellt hat.
5. Damit hast Du schon das förmliche Verfahren eingeleitet.
6. In allen Bundesländern, außer in Bayern, ist es notwendig zuerst Widerspruch einzulegen, um danach eine Klage erheben zu können. Bayern überlässt es Dir zu entscheiden, ob Du zuerst Widerspruch einlegst oder direkt die Klage erhebst.
7. Jetzt kann die Schule entscheiden, ob sie Deinem Wunsch nachgibt. Dies heißt dann, die Schule hilft dem Widerspruch ab. Wenn dem so ist, dann ist alles gut und Dein Wunsch wird erfüllt.
8. Hilft die Schule dem Widerspruch nicht ab, dann bekommst Du einen Widerspruchsbescheid von der nächsthöheren Behörde.
9. Dieser Widerspruchsbescheid muss Dir förmlich zugestellt werden und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein. Außerdem muss die Behörde eine Begründung aufführen warum Dein Wunsch abgelehnt wird.
Anzeige
Was erreichst Du mit dem Widerspruch?
Mit Deinem Widerspruch erreichst Du erst einmal nur, dass alles wogegen Du Widerspruch eingelegt hast auf Stopp gesetzt wird. Juristisch formuliert heißt dies, Dein Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Du musst jetzt warten bis ein Gericht über Dein Anliegen entschieden hat. Das bedeutet aber auch, dass Dein Kind nicht auf die Wunschschule übertreten darf, solange kein Gericht geurteilt hat.
Da es mitunter sehr lange dauern kann bis so eine gerichtliche Entscheidung gefallen ist, ordnet das Schulamt meist die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes an. Durch diese Maßnahme muss Dein Kind dann auf die Schule, die im Übertrittszeugnis erwähnt ist.
Am besten mit Rechtsanwalt
Wenn Du bist jetzt noch keinen *Rechtsanwalt hast, dann wäre es ratsam einen zu beauftragen. Denn die sofortige Vollziehung des Verwaltungsaktes kann man anfechten. Dadurch erreichst Du, dass alles auf Stopp bleibt und Dein Kind nicht auf die Schule muss, die im Übertrittszeugnis aufgeführt ist.
Lasst Euch unbedingt vorab einen Kostenvoranschlag vom Anwalt geben bevor Ihr juristische Schritte unternehmt. Es können sonst unangenehme Überraschungen auf Euch zukommen. Eine Klage beim Verwaltungsgerichtshof kann länger dauern, manchmal Jahre.
Gründe für den Widerspruch bzw. die Klage
Um Deinen Widerspruch beziehungsweise Deine Klage zu begründen, brauchst Du gute Argumente. Denn ein Gericht urteilt nicht danach, ob die Note 2 oder 3 berechtigt ist. Dazu fehlt den Richtern die fachliche Kompetenz. Klagen und Widersprüche müssen sachlich und fundiert aufbereitet sein und Formfehler oder Ähnliches aufzeigen.
Du kannst zum Beispiel aufführen:
- Wenn mehr als zwei Probearbeiten in der Woche geschrieben wurden.
- Die einzuhaltende Frist für die Vorankündigung der Proben wurde nicht eingehalten (1 Woche vorher müssen die Proben in der 4. Klasse angekündigt werden).
- Ist eine Portfolioarbeit mit einer schriftlichen Probe gleichzusetzen?
- Wurde auch nur das abgefragt was im zurückliegenden Unterricht durchgenommen wurde?
- Die Fragen in der Probenarbeit wurden nicht kindgerecht formuliert.
- In einer probenfreien Phase wurde trotzdem eine Probe geschrieben?
Der letzte Schritt: die Klage gegen das Übertrittszeugnis
Oft ist es so, dass die Schule die Schullaufbahnempfehlung nicht rückgängig macht. Auch das Gericht entscheidet sehr oft zugunsten der Schule. In diesem Fall bekommst Du einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Gegen diesen Widerspruchsbescheid kannst du Klage erheben. Hierfür hast Du wieder 1 Monat Zeit nachdem Du den Widerspruchsbescheid erhalten hast.
Eilverfahren beantragen
Gerichtliche Verfahren dauern in der Regel sehr lange. Sechs Wochen Sommerferien reichen nicht aus um eine gerichtliche Entscheidung zu erhalten. Aus diesem Grund kannst Du ein Eilverfahren beantragen. In diesem Eilverfahren wird eine einstweilige Anordnung beantragt.
Wird dem stattgegeben, muss die Wunschschule Dein Kind bereits aufnehmen, obwohl das Gericht über die Klage noch nicht entschieden hat. Du beziehungsweise Dein Anwalt muss darlegen, dass Deinem Kind erhebliche Nachteile entstehen würden, wenn es nicht auf dem gewünschten Bildungsweg weitermachen könnte.
Der Vorteil dieses Eilverfahrens ist, dass Dein Kind dann oftmals die komplette Klasse 5 in seiner Wunschschule besucht bevor eine gerichtliche Entscheidung gefällt ist. Wenn es dann in Klasse 6 versetzt wird, hat Dein Kind bereits bewiesen, dass Euer Anliegen berechtigt ist. Ist die gerichtliche Entscheidung bis dahin noch nicht gefallen, dann habt Ihr große Chancen, dass zu Euren Gunsten entschieden wird.
Allerdings ist es nicht so einfach eine einstweilige Anordnung zu bekommen. Die Begründung hierfür muss stimmig sein und es wird erwartet, dass Deine Klage Erfolg haben wird.
Dieses Eilverfahren kannst Du auch schon beim Widerspruch beantragen.
Lohnt sich die Mühe?
Bei all diesen rechtlichen Möglichkeiten solltest Du immer das Wohl Deines Kindes im Auge behalten. Nichts wäre schlimmer als die Tatsache, dass Dein Kind jetzt auf die Wunschschule geht und nach der gerichtlichen Entscheidung dann auf eine andere Schule wechseln müsste.
Ihr setzt Euch durch eine Klage enormem Stress aus. Auch Euer Kind ist dadurch betroffen. Eine Klage gegen das Übertrittszeugnis trübt natürlich das Verhältnis des Lehrers / der Lehrerin zu Eurem Kind. Und Euer Kind ist es, das meist noch ein halbes Jahr lang bei eben dieser Lehrkraft zur Schule gehen muss. Für ein 10jähriges Kind kann eine solche Situation zur extremen Belastungsprobe werden.
Deshalb ist es immer ratsam zuerst in sich zu gehen und zu überlegen, ob es sich lohnt die ganze Mühe und den Stress auf sich zu nehmen. Ein Anwalt kann Euch sicherlich beraten, ob eine Klage Aussicht auf Erfolg haben kann.
Hast Du bereits Erfahrung mit einer Klage gegen das Übertrittszeugnis gemacht? Dann schreib doch gerne einen Kommentar und gibt anderen damit wertvolle Tipps.
Diese Artikel könnten Dich auch interessieren
Hat mein Kind einen Vorteil auf einer Privatschule?
7 Kriterien für die Auswahl der richtigen Privatschule
Der Übertritt in Bayern
Der Übertritt in Sachsen
Umstellung von der Grundschule zum Gymnasium
Wie sieht der Probeunterricht in Bayern aus?
Letzte Aktualisierung am 2025-01-03 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Paul Trabb meint
Bei uns ist auch klar, dass das Übertrittszeugnis nicht die erforderlichen Noten haben wird. Allerdings liegt das daran, dass unser Sohn wegen eines Unfalles die Schule eine Weile nicht besuchen konnte. Ich denke, wir werden uns einen Anwalt nehmen, um dagegen vorzugehen.
Alex Finsterbusch meint
In meinem Fall habe ich mich dazu entschieden, ein Eilverfahren zur Aufnahme meines Kindes an der Wunschschule zu beantragen. Dies ermöglicht es meinem Kind, bereits die gesamte Klasse 5 an dieser Schule zu besuchen, während das Gericht über die endgültige Entscheidung noch nicht gefällt hat. Indem mein Anwalt darlegt, dass meinem Kind erhebliche Nachteile entstehen würden, wenn es nicht den gewünschten Bildungsweg fortsetzen könnte, erhöhen wir die Chancen auf eine positive Entscheidung. Sollte die gerichtliche Entscheidung bis zur Versetzung in Klasse 6 noch ausstehen, bin ich zuversichtlich, dass sie zu unseren Gunsten ausfallen wird, da wir bereits gezeigt haben, dass unser Anliegen berechtigt ist.
Nina Hayder meint
Mein Bruder ist auch Rechtsanwalt. Er konnte mir jedoch hierbei nicht weiterhelfen. Dank des Beitrags weiß ich, wie ich gegen das Übertrittszeugnis klage.
Esther Holten meint
Ich bin echt dankbar, dass ich diesen Beitrag zum Thema Rechtsanwalt gefunden habe. Mit meiner Nachbarin habe ich mich schon viel darüber unterhalten. Ich denke, den Beitrag werde ich ihr mal schicken.
Melanie Samsel meint
Danke für den Artikel! Meine Tochter hat ein Übertrittszeugnis bekommen, mit dem wir nicht übereinstimmen. Daher ist es gut zu wissen, dass wir einen Rechtsanwalt mit der Sache beauftragen sollen. Ich hoffe, dieser wird das regeln.
Anton Schneider meint
Gut zu wissen, wie man gegen das Übertrittszeugnis klagt. Bei den ganzen Regeln verliert man da leicht den Überblick. Am besten holt man sich echt einen Rechtsanwalt.
Daniel meint
Das Übertrittszeugnis meine Tochter ist leider nicht so ausgefallen, wie wir gedacht hätten. Deswegen reicht der Schnitt für ein Gymnasium leider nicht. Ich werde mich bei einer Rechtsanwaltskanzlei informieren, ob wir Widerspruch einlegen können.
Daniel meint
Ich informiere mich gerade darüber, wie man bei der Klage gegen das Übertrittesszeugnis vorgehen kann. Ich habe mich bereits mit einer Expertin für Zivilrecht in Verbindung gesetzt, um mich beraten zu lassen. Sie hat mich auch versichert, dass eine formlose Beschwerde absolut fristlos und fruchtlos ist.
Anton Schneider meint
Gut zu wissen, wie man das Übertrittszeugnis klagt. Ich denke, dass es auch sinnvoll ist, einen Rechtsanwalt zu engagieren. Damit hat man die Kompetenz auf seiner Seite.