Gegen Ende der Oberstufenzeit fällt es dem einen oder anderen glühend heiß ein, dass der Abi-Schnitt vielleicht doch nicht so gut wird, wie vielleicht erhofft.
Dann beginnt die Recherche im Internet und es werden Freunde und Bekannte gefragt, ob ein Notendurchschnitt von 3 ausreicht, um einen Ausbildungsplatz oder sogar Studienplatz zu bekommen. Man hört nur noch von den vielen Einser-Abiturienten und, dass die Zahl derer ständig steigt, die eine 1 vor dem Komma haben.
Oftmals kommen dann Ratschläge, dass Du vielleicht ein Jahr wiederholen solltest, um Deinen Notenschnitt zu verbessern. Ansonsten könne man ja nichts mit dem Abi anfangen.
Aber lohnt sich das wirklich? Oder ist das vergeudete Zeit?
Ist ein 3er Abitur wertlos, wenn so viele Schüler/innen ein Einser-Abitur haben?
Liest man als zukünftiger Abiturient/in die Schlagzeilen von den vielen Super-Abis, dann kann man schnell in Panik verfallen. Was ist das Abitur mit der Note 3 dann noch wert, wenn doch so viele „Konkurrenten“ einen besseren Schnitt haben? Finde ich überhaupt einen Studienplatz? Welcher Ausbildungsbetrieb nimmt mich denn dann noch?
Die große Sorge vieler Abiturienten mit schlechten Noten ist ja, dass sie befürchten im späteren (Berufs-)Leben keinen Fuß fassen zu können. Denn selbst für die verfügbaren Ausbildungsplätze gibt es immer Abiturienten, die einen besseren Notendurchschnitt haben.
Personalverantwortliche einer Firma suchen allerdings nicht nur nach dem besten Schulabschluss. Vielmehr kannst Du mit Deiner Persönlichkeit punkten und Deinen Abi-Schnitt damit wettmachen. Eine gute Erklärung warum Du gerade DIESE Ausbildung machen möchtest ist meistens viel wertvoller als eine Super-Note. Beschreibe Deine Ziele und Deinen Lebenslauf anschaulich, lebendig und optimistisch, dann überzeugst Du auch die Personalverantwortlichen. Motiviert und zielstrebig stichst Du einen gelangweilten und unmotivierten 1-er Abiturienten beim Rennen um den Ausbildungsplatz garantiert aus.
Zeigst Du natürlich eine niedergeschlagene Stimmung und bist unsicher wegen Deines Abi-Schnittes, dann überträgt sich das auch auf Dein Gegenüber.
Wovon hängt die Note ab?
Die Abitur-Noten sind nicht immer nur allein von Dir abhängig. Viele andere Faktoren fließen ein in Deinen Abi-Schnitt. Zum Beispiel sind Deine Noten abhängig von:
- Deinem Wohnort. Dass es Unterschiede in den Bundesländern gibt ist schon allseits bekannt. Ob Du in Bremen Dein Abitur machst oder in Baden-Württemberg, ist ein großer Unterschied. Die Abiturprüfungen sollen mittlerweile einheitlich gestellt werden. Aber die Noten für die Kurse liegen immer noch in der Verantwortung der Bundesländer. Und dort gibt es enorme Unterschiede.
- Deinen Lehrkräften. Obwohl die Lehrer ja immer betonen, dass sie keine Lieblingsschüler/innen haben, ist es doch immer der Fall. Erwischst Du einen Lehrer, der Dich nicht sonderlich leiden kann, dann wird dieser Dich unbewusst immer schlechter bewerten als es ein anderer Lehrer tun würde, der Dich gut leiden kann. Auch der Unterrichtsstil der Lehrkraft hat einen großen Anteil daran, wie gut Dein Abi-Schnitt wird. Denn, ist der Unterricht interessant und anschaulich, dann nimmst Du den Stoff besser auf, als wenn der Unterrichtsstoff unverständlich vermittelt wird.
- Wie ist Deine Vergleichsgruppe? Bist Du Teil einer starken Klasse, dann bewertet Dich die Lehrkraft automatisch schlechter als Du eigentlich bist. Das ist wissenschaftlich belegt. Mit vielen vergleichsweise schlechten Mitschülern, wird Deine eigene Leistung dann wiederum besser bewertet als sie eigentlich ist.
- Einkommen Deiner Eltern. Haben Deine Eltern die Möglichkeit Dir eine regelmäßige Nachhilfe zu finanzieren, dann stehen Deine Chancen auf eine gute Note besser, als wenn Du auf Dich allein gestellt bist. Gleiches gilt, wenn Deine Eltern die Mittel haben Dir eine Privatschule zu finanzieren. Privatschulen fördern ihre Schüler/innen mehr als staatliche Schulen und geben individuelle Unterstützung bei (fachlichen) Schwierigkeiten.
- Ob Privatschule oder nicht, auch bei einer staatlichen Schule gilt: von der Profilbildung der Schule kann auch Dein Abi-Schnitt abhängen. Entsprechen die Fächerprofile und die Wahlmöglichkeiten genau Deinen Neigungen, dann schreibst Du automatisch bessere Noten. Sind die Wahlfächer so gar nicht Dein Fall, dann werden Deine Noten wahrscheinlich schlechter ausfallen. Zumindest musst Du Dich mehr anstrengen, um eine gute Note zu erhalten, als wenn ein Fach genau Deinem Interessengebiet entspricht.
Betrachtet man alle aufgeführten Punkte, dann wird schnell ersichtlich, dass ein Abi-Schnitt nicht so einfach vergleichbar ist mit anderen Abi-Schnitten. Wie allerdings mehr Objektivität bei der Notengebung und vor allem beim Abitur erreicht werden kann, bleibt dahingestellt.
Trotzdem einen Studienplatz erhalten
Ja es stimmt: Mit einem Abi-Schnitt der Note 3 wird es schwieriger sein einen Medizin-Studienplatz zu ergattern, als wenn Du ein 1-er Abitur hast. Trotzdem gibt es eine Menge Studienplätze, für die Du Dich entscheiden kannst.
Zu den gängigen Studienfächern gibt es immer alternative Studiengänge, die vielleicht ebenso geeignet sind. Anstatt Medizin ist eventuell Medizininformatik, Medizintechnik oder Biologie genauso interessant für Dich. Bei diesen Fächern findest Du Hochschulen, die entweder keinen NC haben oder einen schlechteren Abi-Schnitt voraussetzen. Bei anderen Studienfächern mit NC verhält es sich ähnlich.
Dann gibt es auch noch Studienfächer, die gar keine Zulassungsbeschränkung haben. Entscheidest Du Dich für ein solches Studium, dann ist der Abi-Schnitt sowieso zweitrangig. Nach Deinem Studium frägt niemand mehr danach.
Nach dem Abi – weißt Du was Du willst?
Viele unter den zukünftigen Abiturienten wissen auch noch gar nicht was sie in der Zukunft wollen. Sie haben noch keinen Plan. Welches Studium? Oder vielleicht doch lieber eine Ausbildung machen? Diese Fragen stellen sich gegen Ende der Schulzeit viele.
Keinen Plan zu haben bedeutet nicht automatisch, dass aus Dir „nichts wird“ und, dass du später nicht doch noch erfolgreich sein kannst. Nach der langen Zeit, die Du mit Lernen verbracht hast, möchtest Du Dir vielleicht auch erst eine kleine Auszeit nehmen, und Dich dann erst entscheiden wie es weitergeht.
Typus des 3-er Kandidaten
Lehrer Schmidt hat ein sehr interessantes Video auf youtube gepostet. Darin schildert er die Theorie seines ehemaligen Lehrers über 3-er Kandidaten.
Nach dessen Erfahrung sind es die 3-er Kandidaten, die am besten durchs Leben kommen. Denn, wer alles nur ein bisschen gut kann, der ist ständig auf Kooperation und auf Teamwork angewiesen, um sich das Wissen zu besorgen, das er möglicherweise nicht hat. Deshalb können die klassischen 3-er Kandidaten sehr gut mit Misserfolgen umgehen, Defizite ausgleichen und sich das fehlende Wissen entsprechend besorgen.
1-er Kandidaten haben das nicht gelernt, weil sie das nicht brauchten. Weil es im späteren Beruf aber mehr auf die softskills ankommt (auf Teamwork, sich Wissen besorgen), als nur „zu wissen“, haben die 3-er Kandidaten oft einen Vorteil.
Einen Beweis für diese Theorie liefert das Leben: Jeder von uns kennt doch jemanden, der „nur“ durchschnittlich oder sogar schlecht in der Schule war und ein durchschnittliches Abi gemacht hat und jetzt eine richtig gute Position in einem Konzern o.ä. hat. Und dann wiederum kennen wir alle Leute, die in der Schule zu den Klassenbesten gehörten und später im Leben nichts wirklich auf die Reihe gebracht haben.
Wie auch immer Du Dich entscheidest, auch mit einem „nur“ durchschnittlichen Abi-Schnitt hast Du alle Möglichkeiten.
Ein wenig Üben schadet trotzdem nichts:-)
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X meint
Schöner Artikel! Es ist unfassbar schlimm und widerwärtig WIE VIELE es gibt die glauben man hätte ohne 1er oder 2er Schnitt keine Zukunft! Diese Doktrin wird wohl auch oft von Eltern eingeredet. Aber es ist auch leider so, dass sehr viele keinen Plan haben WAS sie studieren wollen.
Eule meint
Ich habe mir den Artikel ebenfalls gerade durchgelesen und a bisserl Hoffnung geschöpft.Mit meinen zweiundvierzig Jahren gehöre ich bereits zu den Oldies,welche sich jedoch noch für den Besuch einer Abendschule entschieden haben. Bereut habe ich es bisher nicht.Mein Fachabi habe ich mit 1,8 bestanden und nun hänge ich noch das allgemeine Abitur hinten dran.Allerdings fällt es mir mittlerweile wesentlich schwerer und ich habe die Befürchtung, dass mein Wunschnotenschnitt von 2,0 wohl eher in den 3-4er Bereich rutschen wird.Zum einen durch eine schwierige Englischlehrerin,bei der wirklich kaum jemand etwas versteht und Klausurstellungen,die mit dem eigentlichen Unterrichtsthema nur marginal etwas zu tun hatten.In den jeweiligen Fächern lag ich immer bei 12-14 Punkten.Das hat sich erst einmal erledigt. Es stehen noch die Präsis und die Vorabiklausuren an.Ich wünsche mir,da einiges wettmachen zu können.Eigentlich wollte ich Medizin oder Psychologie studieren.Dennoch möchte ich meinen,durch die vier Jahre Abendschule sehr viel mehr gelernt zu haben,als ich je für möglich hielt und das ist es mir allemal wert.Ich empfehle es jedem,der noch viel lernen möchte,egal wie alt.
Christiane meint
Ich bin betroffene Mutter einer Oberstufenschülerin und dieser Artikel hat mir in der Entscheidung geholfen meine Tochter doch weiterhin zu motivieren ihr Abitur zu machen. Ihr Nöten schwanken tatsächlich bis zu drei Noten rauf oder runter je nach Lehrer und ich fühle mich wirklich hilflos und verzweifelt aufgrund der Notengebung. Mir ist ganz klar das es nicht an meinem Kind liegt, aber ich finde es schwierig ihr zu helfen, da sie mit 17 doch besserschuliche Dinge alleine regeln sollte und ich schon Elterlehrergespräche in der Unterstufe als fruchtlos empfunden habe.