In Baden-Württemberg gilt die Verwaltungsvorschrift vom 22. August 2008 „Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf und Behinderungen“
- Bis Klasse 6 gilt bei Legasthenie und Lese-/Rechtschreibschwäche:
- Es wird im Lesen und Rechtschreiben (auch innerhalb des Zeugnisses) „zurückhaltend“ bewertet.
- Wird die Rechtschreibleistung geprüft, dann kann der Lehrer Deinem Kind eine andere Aufgabe stellen. Die Aufgabe soll dann so gestellt werden, dass sie den individuellen Lernfortschritt zeigen kann. Oder der Lehrer / die Lehrerin kann den Umfang der Aufgabe begrenzen.
- Der Lernfortschritt Deines Kindes soll im Rechtschreiben dokumentiert werden. Dazu werden die Leistungen im Rechtschreiben statt der Note schriftlich erläutert. Es kann auch nur eine schriftliche Ergänzung der Note im Zeugnis geben. Das liegt im Ermessen des Lehrers.
- In allen anderen Fächern wird die Rechtschreibleistung nicht bewertet.
- Ab Klasse 7 gilt obiges nur in besonders begründeten Ausnahmefällen.
- Ob es sich bei Deinem Kind um einen begründeten Ausnahmefall handelt, darüber entscheidet die Klassenkonferenz zusammen mit der Schulleitung.
- Wird Dein Kind als Ausnahmefall anerkannt, dann wird seine Note im Rechtschreiben und Lesen „zurückhaltend“ gewichtet. Dies wird dann in den Zeugnissen unter „Bemerkungen“ festgehalten.
- In den Abschlussklassen sind besondere Leistungsmessungen und -bewertungen nicht mehr möglich. Ausnahme ist die Grundschule mit dem Übertritt.
- Es gelten aber noch die allgemeinen Grundsätze zum Nachteilsausgleich der Verwaltungsvorschrift.
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Was muss die Schule tun?
Die Aufgaben der Schule sind die Lernstandsbeobachtung und Diagnose, die Elternberatung, die Erstellung von Förderplänen und die Durchführung von Fördermaßnahmen.
Die Aufgabe der Schulleitung ist die Koordination der oben genannten Aufgaben.
Die Beratung der Eltern und Schule kann erfolgen durch Schulpsychologen, Beratungslehrkräfte, Sonderpädagogische Dienste oder die Jugendhilfe.
Die Hauptverantwortung für den Förderprozess bleibt allerdings bei den Klassenlehrern bzw. Fachlehrern.
- Der Klassenlehrer muss als erstes klären, ob ein Förderbedarf bei Deinem Kind gegeben ist. Er muss eine sogenannte Binnendifferenzierung in seiner Klasse vornehmen. Das heißt die Kinder mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen sollen individuell gefördert werden.
- Weiter muss der Klassenlehrer prüfen, ob noch weiterer Förderbedarf bei einzelnen Kindern besteht? Das heißt der Lehrer prüft, ob Förderkurse eingerichtet werden sollen.
- Wenn darüber hinaus noch Förderbedarf besteht, dann findet ein gestuftes pädagogisches Verfahren statt. Darüber entscheidet dann die Klassenkonferenz zusammen mit der Schulleitung.
- Der Förderbedarf wird ermittelt
- Die Fördermaßnahmen werden beschlossen
- Geeignete Fördermaßnahmen werden durchgeführt
- Der Erfolg der Fördermaßnahmen wird geprüft
Alle Schritte müssen dokumentiert werden.
Was bedeutet Nachteilsausgleich?
Nachteilsausgleich bedeutet das Anforderungsprofil der Schule bleibt gleich und Dein Kind muss die gleichen Aufgaben lösen wie ein Kind ohne Legasthenie. Allerdings bekommt Dein Kind mit Legasthenie zusätzliche Hilfen oder Hilfsmittel. Dadurch sollen die Schüler mit Legasthenie in der Lage sein die Aufgaben genauso gut zu lösen wie die Schüler ohne Legasthenie. Die Art und Weise dieser Hilfen hängen vom Einzelfall ab.
- Die allgemeinen Rahmenbedingungen werden auf die einzelnen Schüler / Schülerinnen mit Lese- / Rechtschreibschwäche oder Legasthenie zugeschnitten
- In besonders begründeten Ausnahmefällen kann
- die Arbeitszeit für eine Aufgabe verlängert werden
- die Benutzung besonderer technischer oder didaktisch-methodischer Hilfen erlaubt werden
- die Leistung mündlich, schriftlich, praktisch unterschiedlich gewichtet werden
- die Rahmenbedingung einer Prüfung geändert werden
- Ermessensspielräume haben die Lehrkräfte bei
- Nachlernfristen
- Versetzungen
- Zusätzliche Wiederholungen von Klassenstufen
- Der Aufnahme in weiterführende Schulen
Die Maßnahmen des Nachteilsausgleichs werden nicht im Zeugnis aufgeführt.
Was bedeutet alternative Leistungsmessung- und bewertung?
Alternative Leistungsmessung und -bewertung bedeutet, das Anforderungsprofil der Schule wird zugunsten des Schülers / der Schülerin geändert.
In den Fächern Deutsch und Fremdsprache werden
- die Leistungen im Lesen und Rechtschreiben „zurückhaltend“ gewichtet.
- Legasthenikern andere Aufgaben gestellt. So kann der Lernfortschritt auch bei Legasthenikern aufgezeigt werden
- Die Umfänge der Arbeiten begrenzt.
- Noten im Rechtschreiben ersetzt oder ergänzt durch Erläuterungen der Lehrkraft
In allen anderen Fächern werden Rechtschreibleistungen nicht bewertet.
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Vincent Rondwijk meint
Das ist genau das, was ich zum Thema Legasthenie gesucht habe. Ich werde es mit meinem Bruder besprechen, der auch viel über dieses Thema weiß. Mal sehen, ob er mir noch mehr Tipps geben kann!
Schule in Deutschland meint
das ist natürlich ein Punkt, den Du direkt im Gespräch mit der Lehrerin klären solltest. Ich nehme an es war das Elterngespräch vor der Grundschulempfehlung? In diesem Gespräch erläutert die Lehrkraft den Eltern wie sie das Kind einschätzt. Dies ist noch keine Grundschulempfehlung. Deshalb könnt Ihr als Eltern Eure Sicht einbringen. Bedenken sollte man allerdings wie stark ausgeprägt eine Legasthenie ist. Letztlich ist eine Grundschulempfehlung auch noch kein finales Urteil über die zukünftige Schule Deines Kindes. Als Eltern könnt Ihr in Baden-Württemberg entscheiden wo Ihr Eurer Kind anmeldet.
Jens Stöter meint
Guten Tag,
wie ist es mit dem Nachteilsausgleich und der Schulempfehlung?
Bei unserm Elterngespräch hat die Lehrerin nicht die Note für Deutsch genommen, welche mit Nachteilsausgleich erzielt wurde. Sondern hat für Deutsch 4,5 (mit Ausgleich wäre es 2,75) angenommen, so dass unser Sohn mit seinen 1,75 in Mathe, auf eine Hauptschulempfehlung kommt.
Wofür ist dann ein Nachteilsausgleich wenn er nicht berücksichtigt wird, wenn es wichtig wäre?
Natascha Müller meint
Was bedeutet bitte zurückhaltende Gewichtung? Geht es bitte etwas genauer. Habe ich das richtig verstanden, dass bei LRS auf eine Notenbeurteilung im Zeugnis, zugunsten einer schriftlichen Bewertung verzichtet werden kann? Hab ich als Mutter dabei ein Mitspracherecht? Vielen Dank im voraus Natascha
Sibylle Welz meint
Legasthenie ist ja nicht heilbar…. Es wird in der Schule anerkannt bis zu dem Tag an dem es ernst wird und das Abschlusszeugniss über dein weiteres Leben entscheidet….
Ist mir unverständlich worum ausgerechnet dann keine Anerkennung möglich ist. Die Legasthenie begleitet einen schlussendlich ein Leben lang……
Das sollte dringend geändert werden.