Ob ein Internat der richtige Weg für dein Kind ist, hängt stark von Eurer Lebenssituation, Euren Werten und auch von den finanziellen Möglichkeiten ab. Rund 250 Internate gibt es in Deutschland – zu viele, um sich mit jedem einzelnen Internat zu beschäftigen. Umso wichtiger ist es, eine sinnvolle Vorauswahl zu treffen und gezielt die Internate zu prüfen, die zu Deinem Kind und zu Eurer Familie passen.
Internatsberater – ja oder nein?
Wenn du überlegst, einen Internatsberater zu beauftragen, ist es wichtig zu wissen: Die meisten Internatsberater arbeiten auf Provisionsbasis. Das bedeutet, sie erhalten eine Vergütung vom Internat, sobald ein Kind vermittelt wird. Deshalb stellen Berater meist nur Internate vor, mit denen sie Verträge haben – eine wirklich unabhängige Beratung ist also nicht immer gewährleistet.
Eine objektive Recherche kannst du auch selbst durchführen: Viele Internate präsentieren sich auf ihren Webseiten mit ausführlichen Informationen, Fotos und Videos. Anschließend vereinbarst du Besichtigungen vor Ort und Gespräche mit der Internatsleitung sowie mit Schüler:innen. So erhältst du später ein noch klareres Bild.
Wie sucht man ein Internat aus?
Bevor Ihr gemeinsam die Entscheidung für oder gegen ein Internat trefft, solltet Ihr Euch einige Fragen stellen. Diese Fragen sollten dann von Euch ehrlich beantwortet werden. Die aufkommenden Unsicherheiten oder Befürchtungen, gilt es zu offen anzusprechen und zu diskutieren.

Fragen, die du dir und deinem Kind stellen solltest
- Passt die Persönlichkeit meines Kindes zum Leben im Internat?
- Was erhoffen wir uns von einem Internatsaufenthalt?
- Geht mein Kind freiwillig ins Internat, oder möchte ich es unbedingt dorthin schicken?
- Wie möchtet Ihr in engem Kontakt bleiben – telefonisch, per Videochat, mit regelmäßigen Besuchen?
Diese Überlegungen sind wichtig, bevor Ihr konkrete Häuser besucht. Erst wenn Ihr eine gemeinsame Grundhaltung gefunden habt, lohnt sich die nächste Stufe: eine Liste mit den wichtigsten Auswahlkriterien. Erstellt am besten eine Liste, auf der die Punkte enthalten sind, die Euch wichtig sind. Vielleicht soll eine bestimmte AG als Freizeitaktivität angeboten werden? Möchte Dein Kind unbedingt ein Einzelzimmer? Welche Lage bzw. Entfernung von Eurem Wohnort ist für Euch noch akzeptabel usw.
Mit dieser Liste könnt Ihr Internate vorfiltern. Im Schulfinder findest Du viele Profile oder Du nutzt die Webseiten der Internate, auf denen sich die Internate vorstellen. So bekommst Du bereits einen ersten Überblick über die unterschiedlichen Einrichtungen und ihr Angebot.
Anhand dieser Kriterien kannst Du die Auswahl der Internate bereits eingrenzen und anschließend einige davon für Besichtigungstermine auswählen.
Vor Ort erhaltet Ihr einen direkten Eindruck von den Räumlichkeiten und der Umgebung.
Meist besteht auch die Möglichkeit mit einigen Schüler/innen zu sprechen und diese über ihr Leben im Internat zu befragen.
Die Internatsleitung wird sich zu diesem Termin natürlich auch Zeit für Euch nehmen und Euch ausführlich beraten.
Folgende Fragen sind hilfreich für Euren vor Ort-Termin im Internat.
15 Fragen, die du einem Internat stellen solltest:
Wenn Ihr ein Internat besucht, nehmt Euch Zeit für Gespräche mit der Internatsleitung, den Pädagog:innen und – wenn möglich – auch mit den Schüler:innen. Diese 15 Fragen helfen Euch dabei, wichtige Punkte zu klären:
- Welches pädagogische Konzept verfolgt das Internat?
Handelt es sich um ein reformpädagogisches Internat, ein Internat mit christlicher Prägung oder ein Haus mit starkem Leistungsfokus? - Wie ist der Lehrer-Schüler-Schlüssel?
Kleine Klassen sind ein Pluspunkt, da sie individuelle Förderung ermöglichen. - Wie ist der Betreuer-Schüler-Schlüssel im Internat?
Wichtig ist, wie viele pädagogische Fachkräfte sich außerhalb des Unterrichts um die Kinder kümmern. - Welche Freizeit- und Förderangebote gibt es?
Sportarten, Musik, Theater, Naturprojekte oder Sprachförderung – passt das Angebot zu den Interessen Deines Kindes? - Wie hoch sind die Gesamtkosten – inklusive Nebenkosten?
Neben dem Grundbeitrag fallen oft zusätzliche Ausgaben für Essen, Ausflüge, Material, Nachhilfe oder Musikunterricht an. - Welche Schulabschlüsse können hier erworben werden?
Bietet die Schule alle gängigen Abschlüsse an oder ist sie auf bestimmte Bildungsgänge spezialisiert? - Ist ein Wechsel zurück auf eine öffentliche Schule möglich?
So bleibt Ihr flexibel, falls Ihr später doch einen anderen Weg gehen wollt. - Wie werden Hausaufgaben betreut?
Gibt es feste Lernzeiten mit Aufsicht? Oder erledigen die Kinder ihre Aufgaben allein auf dem Zimmer? - Wie sieht ein typischer Tagesablauf aus?
Struktur gibt Sicherheit – wichtig ist, dass auch genügend Freizeit und Erholungsphasen eingeplant sind. - Wie hoch ist der Anteil interner und externer Schüler:innen?
Ein hoher Anteil an Internatskindern kann den Gemeinschaftsgeist stärken. - Wie läuft das Wochenende ab?
Gibt es regelmäßigen Ausgang, und wie viele Kinder bleiben im Internat? - Wie geht das Internat mit Fehlverhalten um?
Transparente Regeln und konsequente, aber faire Konsequenzen sind wichtig. - Wie wird für die Ernährung gesorgt?
Regionale Produkte? Vegetarische oder vegane Optionen? Der Speiseplan sagt viel über die Haltung des Internats. - Gibt es ein Drogen- und Präventionskonzept?
Gerade in der Pubertät ein entscheidender Faktor für die Sicherheit Deines Kindes. - Steht psychologische Unterstützung zur Verfügung?
Ein Schulpsychologe oder eine Vertrauensperson ist wichtig, falls Dein Kind in eine schwierige Phase gerät.
👉 Tipp: Haltet die Antworten schriftlich fest. So könnt Ihr später die Internate besser vergleichen.
Wie hoch sind die Kosten?
Internatsgebühren variieren stark. Manche Häuser beginnen bei etwa 1.000 € im Monat, andere liegen bei mehreren tausend Euro. Oftmals findest Du die Beiträge bereits auf der Webseite des Internates. Auf jeden Fall bekommst Du die Information über die Kosten im ersten Info-Paket zugeschickt, falls Du Dich für weitere Informationen über das Internat interessierst.
Übersteigt die Höhe der Beiträge Deine finanziellen Ressourcen, so kannst Du zum Beispiel Bafög für Dein Kind beantragen. Das schulische Bafög muss auch nicht wieder zurückgezahlt werden.
Ein Stipendium für einen Internatsaufenthalt ist eine weitere Möglichkeit um die Beiträge finanziert zu bekommen. Für ein Stipendium gibt es allerdings meistens hohe Anforderungen, die erfüllt sein müssen. Dies ist meist ein sehr guter Notendurchschnitt o.ä.
Schickst Du bereits Dein zweites Kind auf ein Internat, dann weißt Du bestimmt über die Geschwisterrabatte Bescheid, die nahezu jedes Internat anbietet.
Bei der Kostenkalkulation musst Du außerdem beachten, dass zum monatlichen Beitrag meistens die Kosten Ausflüge, Arbeitsmaterial etc. noch hinzukommen.
Ausstattung und Infrastruktur
Die äußeren Rahmenbedingungen eines Internats spielen eine entscheidende Rolle dafür, ob sich Dein Kind dort wirklich wohlfühlt. Natürlich sind pädagogisches Konzept und Betreuung das Herzstück – aber die Räume, in denen Dein Kind lebt und lernt, prägen den Alltag ganz wesentlich.
Frage deshalb nach der Ausstattung der Wohnbereiche: Sind die Zimmer modern eingerichtet? Handelt es sich überwiegend um Einzel- oder Doppelzimmer, oder gibt es auch Mehrbettzimmer? Gerade Kinder, die viel Ruhe und Rückzug brauchen, sollten wissen, ob ein eigenes Zimmer möglich ist. Gleichzeitig lernen viele Jugendliche im Austausch mit Mitbewohner:innen wichtige soziale Kompetenzen – hier gilt es also genau hinzusehen, was für Dein Kind am besten passt.
Auch die Freizeiträume sind wichtig: Gibt es Sporthallen, Werkstätten, Ateliers, Musikräume oder ein Schwimmbad? Solche Orte bieten Abwechslung und schaffen Balance zwischen Lernen und Entspannen. Ein Internat, das die Freizeitgestaltung ernst nimmt, trägt aktiv dazu bei, dass Kinder sich wohlfühlen und ihre Interessen entfalten können.
Nicht zu vergessen ist die digitale Infrastruktur: In Zeiten von Homeschooling-Erfahrungen und digitalem Lernen ist eine gute technische Ausstattung unerlässlich. Erkundige Dich nach WLAN, Computerräumen, Tablets oder Lernplattformen – aber auch nach den Regeln, die das Internat für Mediennutzung aufgestellt hat. Ein klarer Rahmen schützt vor Überforderung und fördert gleichzeitig den sinnvollen Umgang mit digitalen Medien.
Schließlich solltest Du auch die Sicherheitsaspekte im Blick haben. Wie sind die Gebäude gesichert? Gibt es klare Notfallpläne? Wird auf Brandschutz und Erste-Hilfe-Strukturen geachtet?
Werte, Kultur und Gemeinschaft
Neben den Fakten wie Kosten, Ausstattung und Schulabschlüssen ist die Kultur eines Internats oft der ausschlaggebende Punkt für eine Entscheidung. Jedes Internat hat seine eigene Haltung und vermittelt bestimmte Werte – und diese prägen das gesamte Miteinander.
Ein guter Einstieg ist die Frage: Wie wird Gemeinschaft gelebt? Manche Internate haben feste Rituale wie wöchentliche Schulversammlungen, gemeinsame Mahlzeiten oder bestimmte Traditionen zu Feiertagen. Solche Rituale geben Halt und schaffen ein starkes Wir-Gefühl.
Auch das Leitbild ist entscheidend: Manche Internate setzen stark auf Leistung und Disziplin, andere legen den Fokus auf Persönlichkeitsentwicklung, Kreativität oder Internationalität. Wichtig ist, dass das Leitbild zu Deinem Kind passt. Ein Kind, das viel Freiraum und künstlerische Entfaltung braucht, wird sich in einem streng leistungsorientierten Umfeld vermutlich nicht wohlfühlen – und umgekehrt.
Darüber hinaus solltest Du Dich erkundigen, wie das Internat mit Vielfalt und Individualität umgeht. Gibt es Offenheit für unterschiedliche kulturelle oder religiöse Hintergründe? Werden Kinder in ihrer Einzigartigkeit gefördert? Ein wertschätzender Umgang mit Unterschieden ist für die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls entscheidend.
Ein weiterer Punkt ist die Elternarbeit und Kommunikation: Werden Eltern regelmäßig über die Entwicklung ihres Kindes informiert? Gibt es feste Elternsprechtage oder sogar digitale Plattformen, über die ein direkter Austausch möglich ist? Ein Internat, das Eltern aktiv einbezieht, zeigt, dass es die Erziehungspartnerschaft ernst nimmt.
Gerade diese weichen Faktoren – Werte, Kultur und das gelebte Miteinander – entscheiden am Ende oft stärker als Zahlen und Fakten darüber, ob ein Kind sich im Internat zuhause fühlt.
Probewohnen – ein wichtiger Schritt
Während eine reine Führung durch ein Internat viele Fragen beantwortet, zeigt ein Probeaufenthalt deutlich mehr: die Atmosphäre, die Abläufe, das Miteinander. Für viele Familien ist das der entscheidende Baustein vor der endgültigen Entscheidung.
Falls Ihr noch nicht ganz sicher seid, ob dieses Internat das Richtige ist, dann könnt Ihr auch ein mehrtägiges Probewohnen im Internat vereinbaren. Die meisten Internate bieten ein solches Probewohnen an. Dein Kind lebt dann für einige Tage im Internat, nimmt am Unterricht teil und erlebt den Alltag hautnah.
Das ist oft der Moment, in dem Kinder selbst spüren, ob sie sich in der neuen Umgebung wohlfühlen – oder auch nicht.
Die allgemeine Stimmung, die Räumlichkeiten, das Essen, die Menschen – all das kann Dein Kind bei einem Probewohnen im Internat erst richtig erfahren.
Die Bedeutung der Internatsleitung
Ein stabil geführtes Internat wirkt sich positiv auf das gesamte Haus aus. Informiert Euch, wie lange die Leitung bereits im Amt ist. Häufige Wechsel können Unsicherheiten in der Organisation bedeuten. Ein kontinuierlicher Führungsstil hingegen zeigt Verlässlichkeit und langfristige Planung.
👉 Fazit: Ein Internatsaufenthalt kann für Kinder eine große Chance sein – aber nur, wenn das Internat wirklich zu Persönlichkeit, Bedürfnissen und Wünschen passt. Die oben genannten Fragen helfen Euch, gezielt herauszufinden, ob das jeweilige Internat der richtige Ort für Euer Kind ist.
Fragen und Antworten
Viele Eltern haben ähnliche Fragen, wenn es um das Thema Internat geht. In diesem FAQ findest Du Antworten auf die häufigsten Unsicherheiten – von den Kosten über das passende Alter bis hin zum Probewohnen. So bist Du gut vorbereitet, um die richtige Entscheidung für Dein Kind zu treffen.
Ab welchem Alter kann mein Kind ins Internat?
Viele Internate nehmen Kinder bereits ab der 5. Klasse auf, manche bieten sogar Plätze für Grundschüler:innen ab der 3. oder 4. Klasse an. Häufig starten Kinder jedoch in der Sekundarstufe I, also ab etwa 10 bis 12 Jahren. Entscheidend ist nicht nur das Alter, sondern auch die Persönlichkeit und Reife Deines Kindes.
Was kostet ein Internat in Deutschland?
Die Kosten variieren stark: Günstigere Internate beginnen bei ca. 1.000 € pro Monat, renommierte Häuser können mehrere tausend Euro kosten. Zusätzlich zum Grundbeitrag kommen oft Kosten für Verpflegung, Ausflüge oder Material hinzu. Möglich sind auch BAföG, Stipendien oder Geschwisterrabatte.
Wie läuft ein Probewohnen im Internat ab?
Beim Probewohnen lebt Dein Kind für einige Tage im Internat, nimmt am Unterricht teil und erlebt den Alltag hautnah. So kann es prüfen, ob es sich in der neuen Umgebung wohlfühlt. Viele Familien nutzen diesen Schritt als wichtigen Baustein für die endgültige Entscheidung.
Wie bleibt man während der Internatszeit in Kontakt?
Die meisten Internate bieten feste Telefonzeiten, Videochats und Besuche am Wochenende an. Wichtig ist, vorher gemeinsam abzusprechen, wie regelmäßig Kontakt bestehen soll – damit Dein Kind sich unterstützt fühlt, aber gleichzeitig genügend Freiraum für sein neues Leben hat.
Welche Vorteile hat ein Internat für mein Kind?
Ein Internat bietet eine strukturierte Tagesgestaltung, intensive Betreuung, kleine Klassen und vielfältige Freizeitmöglichkeiten. Kinder lernen Selbstständigkeit, knüpfen enge Freundschaften und profitieren oft von einer starken Gemeinschaft.
Welche Nachteile kann ein Internat haben?
Nicht jedes Kind fühlt sich mit dem Leben fernab der Familie wohl. Heimweh, die Kostenbelastung und weniger spontane Familienzeit sind mögliche Nachteile. Darum ist eine ehrliche Einschätzung im Vorfeld wichtig.
Wie finde ich heraus, ob mein Kind für das Internat geeignet ist?
Entscheidend sind die Persönlichkeit und Wünsche Deines Kindes. Offenheit, Selbstständigkeit und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, sind hilfreich. Gespräche, Probewohnen und Beobachtungen geben zusätzliche Klarheit.
Gibt es Internate mit besonderen Schwerpunkten?
Ja, viele Internate haben klare Profile, etwa Musik-, Sport-, Sprachen- oder Naturwissenschafts-Schwerpunkte. So kann Dein Kind gezielt gefördert werden und seinen Interessen nachgehen.
Wie bewerbe ich mein Kind an einem Internat?
Meist beginnt der Prozess mit einer schriftlichen Bewerbung und einem Motivationsgespräch. Viele Internate laden Kinder zu Probetagen oder Aufnahmetests ein. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme ist wichtig, da begehrte Plätze oft schnell vergeben sind.
Welche Erfahrung hast Du im Internat gemacht? Schreibe gerne Deine Erfahrungen und hinterlasse einen Kommentar.
















Schreibe einen Kommentar