Wenn Dein Kind bis zum Stichtag Deines Bundeslandes sechs Jahre alt wird, dann ist es offiziell schulpflichtig. Doch vielleicht hast Du das Gefühl: Mein Kind ist noch nicht so weit.
Als Mutter stehst Du jetzt vor der wichtigen Entscheidung: trotzdem Einschulen oder Zurückstellen? Eine Zurückstellung kann in solchen Fällen die richtige Lösung sein – damit Dein Kind die Zeit bekommt, die es für eine erfolgreiche Schulzeit braucht.
Nicht jedes Kind ist mit sechs Jahren bereit für den Schulstart – und das ist vollkommen in Ordnung. Vielleicht zeigt Dein Kind noch große Unsicherheiten im Umgang mit Gruppen, verliert sich in Fantasiewelten oder hat Schwierigkeiten, länger aufmerksam zu bleiben. All das kann bedeuten, dass ein weiteres Jahr im Kindergarten sinnvoller wäre.

In solchen Fällen kannst Du einen Antrag auf Zurückstellung stellen. Das heißt: obwohl Dein Kind eigentlich schulpflichtig wäre, darf es noch ein Jahr länger in der Kita oder einer Vorschule bleiben.
Die Entscheidung darüber trifft immer die Schulleitung der zuständigen Grundschule. Voraussetzung für eine Zurückstellung ist meist ein schulärztliches oder schulpsychologisches Gutachten. Wichtig ist: Auch wenn Du die Zurückstellung wünschst, musst Du Dein Kind zunächst ganz regulär zur Einschulung anmelden.
In diesem Artikel erfährst Du, wann eine Zurückstellung möglich ist, wie Du sie beantragst – und warum es manchmal das Beste sein kann, wenn ein Kind einfach noch ein Jahr Kind bleibt.
Bitte beachte:
📌 Die Kriterien für eine Zurückstellung sind in den letzten Jahren strenger geworden. In manchen Bundesländern wird kaum noch zurückgestellt, da dort die sogenannte flexible Schuleingangsphase eingeführt wurde.
📌 Eine spätere Rückstellung ist nach der Einschulung meist nicht mehr möglich. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig und gut informiert zu entscheiden.
Was bedeutet Zurückstellung?
Zurückstellung heißt: Ein schulpflichtiges Kind wird nicht zum regulären Termin eingeschult, sondern ein Jahr später. In dieser Zeit kann es entweder weiter den Kindergarten besuchen oder – je nach Bundesland – eine spezielle Vorschulklasse oder Vorschule. Die Zurückstellung ist keine Niederlage oder ein Zeichen von Schwäche, sondern eine pädagogische Maßnahme, die Deinem Kind mehr Zeit zur Entwicklung gibt.
Wann ist eine Zurückstellung sinnvoll?
Es gibt viele Gründe, warum Kinder noch nicht schulreif sind – und die meisten davon haben nichts mit „Versagen“ zu tun. Häufig geht es um emotionale, sprachliche oder soziale Entwicklungsbereiche.
Typische Anzeichen, dass Dein Kind vielleicht noch Zeit braucht (Gründe für eine Zurückstellung):
- Es zeigt eine geringe Frustrationstoleranz und ist schnell überfordert
- Es ist unsicher in Gruppen oder zeigt starke Trennungsängste
- Es hat Sprachentwicklungsverzögerungen oder motorische Schwierigkeiten
- Es fällt ihm schwer, längere Zeit aufmerksam zu bleiben
- Es hatte in der Vorschulzeit häufige Krankheitsphasen
- Es gab besondere Belastungen wie Umzug, Trennung oder andere einschneidende Ereignisse
Auch hochsensible oder besonders fantasievolle Kinder profitieren manchmal von einem weiteren Jahr, um emotional zu reifen, bevor sie in das strukturierte Schulsystem eintreten.
Wer entscheidet über die Zurückstellung?
Zunächst kannst Du als Mutter die Zurückstellung anregen – zum Beispiel im Gespräch mit der Kita, der Schule oder dem Kinderarzt.
Die endgültige Entscheidung trifft jedoch die Schulleitung der zuständigen Grundschule. Für diese Entscheidung werden verschiedene Faktoren berücksichtigt:
- die Einschätzung der Schuleingangsuntersuchung,
- Rückmeldungen aus der Kita,
- Ärztliche Gutachten oder eine Stellungnahmen von Fachleuten (Logopädie, Psychologie, Ergotherapie etc.).
In manchen Bundesländern sind schulpsychologische Gutachten Pflicht, in anderen reichen ärztliche oder pädagogische Begründungen.
Der Weg zur Zurückstellung – Schritt für Schritt
- Frühzeitige Beobachtung: Du merkst, dass Dein Kind Schwierigkeiten hat? Sprich mit der Kita oder Deinem Kinderarzt.
- Schulanmeldung: Wichtig ist, dass Du Dein Kind trotz gewünschter Zurückstellung regulär zur Einschulung anmeldest. Nur dann kann über eine Zurückstellung entschieden werden.
- Gespräch mit der Schule: Kontaktiere die Schule frühzeitig und teile Deine Bedenken offen mit.
- Teilnahme an der Schuleingangsuntersuchung: Diese ist verpflichtend – auch wenn Du eine Zurückstellung erwägst.
- Antrag stellen: Reiche einen schriftlichen Antrag bei der Schule oder der zuständigen Schulbehörde ein. Die Fristen hierfür sind je nach Bundesland unterschiedlich – informiere Dich bei Deiner Grundschule über den genauen Termin.
- Entscheidung abwarten: Die Schulleitung teilt Dir mit, ob der Antrag bewilligt wurde.
📋 Tipp: Reiche möglichst früh alle Unterlagen ein – je besser Deine Begründung dokumentiert ist, desto größer die Erfolgschancen.
Wichtig: Eine spätere Rückstellung ist nach der Einschulung in vielen Bundesländern nicht mehr möglich. Überlege Dir daher gut, ob Dein Kind schon schulreif ist, denn ein „Zurück“ in den Kindergarten ist oft nicht mehr machbar.
Individuell begründet: So wird Dein Antrag überzeugend
Wenn Du darüber nachdenkst, Dein Kind zurückstellen zu lassen, kannst Du verschiedene Wege gehen, um Deinen Antrag gut zu begründen.
Je besser Du Deinen Antrag begründest, desto höher sind die Chancen, dass er genehmigt wird:
- Bitte die Erzieherinnen und Erzieher im Kindergarten um eine Einschätzung und lege diese dem Antrag bei. Sie erleben Dein Kind jeden Tag im Miteinander mit anderen Kindern und haben ein gutes Gespür dafür, wie weit es in seiner Entwicklung ist. Gib der Grundschule auch das Einverständnis, sich mit dem Kindergarten auszutauschen – das stärkt Deinen Antrag.
- Auch die Schulleitung oder Beratungslehrkräfte an der Grundschule sind wichtige Ansprechpartner, wenn es um die Einschätzung der Schulreife geht. Ein persönliches Gespräch kann oft viel klären.
- Füge Berichte von der U9-Untersuchung bei, wenn dort Entwicklungsrückstände festgestellt wurden. Dort findest Du oft auch Hinweise, wie Dein Kind gefördert werden kann – auch das zeigt, dass Du aktiv Verantwortung übernimmst.
- Berichte von Logopäden oder Ergotherapeuten sind ebenfalls sehr hilfreich, wenn sie konkret auf Dein Kind eingehen.
- Die Schuleingangsuntersuchung liefert eine Einschätzung darüber, ob Dein Kind schon schulreif ist oder vielleicht noch ein wenig Zeit braucht.
- Verzichte auf allgemeine Standardformulierungen und beschreibe die individuelle Situation Deines Kindes.
Je individueller Dein Antrag und die beigefügten Unterlagen auf Dein Kind zugeschnitten sind, desto glaubwürdiger und nachvollziehbarer wird Dein Anliegen. Auch Fachleute wie Ärzte oder Therapeuten sollten ihre Einschätzungen möglichst persönlich und differenziert verfassen. Dein Kind ist einzigartig – und das darf sich auch in den Unterlagen widerspiegeln.
Was passiert in der Zeit der Zurückstellung?
Zurückgestellte Kinder bleiben in der Regel ein weiteres Jahr in der Kita, sofern dort ein Platz vorhanden ist. In manchen Bundesländern gibt es sogenannte Vorschulgruppen oder Vorklassen, in denen die Kinder gezielt auf die Schule vorbereitet werden.
Welche Vorteile hat eine Zurückstellung?
Vorteile
- Mehr Zeit zur Entwicklung und Reifung
- Stärkere Selbstsicherheit bei Schulbeginn
- Bessere emotionale Stabilität
- Geringeres Risiko von Überforderung und Schulfrust
- Mehr Freude am Lernen
Gibt es auch Nachteile?
Natürlich bringt eine Zurückstellung auch Herausforderungen mit sich:
- Die Einschulung findet ohne die Kita-Freunde statt.
- Das Kind ist später älter als viele Klassenkameraden.
- Manchmal entsteht ein Gefühl des „Abweichens“.
Doch all das lässt sich gut auffangen, wenn Du offen und liebevoll begleitest. Ein Kind, das spürt „Ich darf wachsen, wie ich es brauche“, entwickelt oft mehr Selbstvertrauen als ein Kind, das zu früh ins System gedrückt wird.
Fazit: Eine bewusste Entscheidung für die Entwicklung Deines Kindes
Die Zurückstellung ist kein Rückschritt – sondern eine bewusste Entscheidung für die individuellen Bedürfnisse Deines Kindes.
Wenn Du spürst: Mein Kind ist noch nicht bereit – dann ist es ein Zeichen von Stärke, diesem Gefühl zu folgen.
Denk daran: Es geht nicht darum, dass Dein Kind besonders früh oder besonders spät eingeschult wird – sondern darum, dass es zum richtigen Zeitpunkt in die Schule kommt. Einem Zeitpunkt, an dem es die nötige Reife hat, um die Herausforderungen des Schulalltags mit Freude zu meistern.
Du darfst Nein sagen zur Einschulung. Du darfst Ja sagen zu Zeit. Und Dein Kind darf lernen, wann es so weit ist – nicht vorher.
Hast Du weitere Fragen zur Einschulung oder zum Schulstart? Auf meiner Website findest Du viele weitere hilfreiche Artikel rund um das Thema Schule in Deutschland.
Die Zurückstellung in den Bundesländern
Baden-Württemberg
Laut § 74 Abs. 2 Schulgesetz BW ist eine Zurückstellung möglich, wenn Dein Kind körperlich oder geistig noch nicht schulfähig ist. Hierzu muss das Gesundheitsamt ein Gutachten erstellen. Auch eine schulpsychologische Untersuchung kann angeordnet werden. Die Entscheidung trifft die Schulleitung. Eine Rückstellung ist sogar noch im ersten Schulhalbjahr möglich.
Bayern
Nach Art. 37 Abs. 2 BayEUG ist eine Zurückstellung möglich, wenn zu erwarten ist, dass Dein Kind erst ein Jahr später erfolgreich am Unterricht teilnehmen kann. Du stellst den Antrag bei der Sprengelschule. Die Schulleitung trifft die Entscheidung. In Ausnahmefällen kann die Zurückstellung noch bis zum 30. November erfolgen.
Berlin
Laut § 42 Abs. 3 Schulgesetz Berlin kannst Du Dein Kind zurückstellen lassen, wenn der Entwicklungsstand eine bessere Förderung im Kindergarten erwarten lässt. Ein Kindergartenplatz muss gesichert sein. Die Entscheidung trifft die Schulaufsicht auf Basis eines Gutachtens des Schulpsychologen oder Schularztes. Der Senat für Bildung hat eine detaillierte Verfahrensbeschreibung herausgegeben. Hier findest Du alles was wichtig ist, inklusive den Formularen.
Brandenburg
Gemäß §§ 37, 51 BbgSchulG entscheidet die Schulleitung über die Zurückstellung. Die schulärztliche Untersuchung ist dabei ausschlaggebend. Auch hier muss ein Kindergartenplatz oder eine andere Fördermöglichkeit bestehen.
Bremen
Laut §53 BremSchulG ist eine Zurückstellung nur bei erheblichen gesundheitlichen Gründen möglich. Ein schulärztliches Gutachten ist erforderlich und wird durch eine Fachaufsicht geprüft.
Hamburg
Kinder, die zwischen dem 1. Januar und 30. Juni sechs Jahre alt werden, können zurückgestellt werden. In der Regel besuchen sie dann eine Vorschulklasse. Nur in Ausnahmefällen darf das Kind in der Kita bleiben. Bei sprachlichen Rückständen ist die Vorschulklasse verpflichtend (§38 HmbSG).
Hessen
Nach § 58 Hessisches Schulgesetz ist eine schulärztliche und ggf. schulpsychologische Untersuchung Voraussetzung. Die Schulleitung entscheidet auf Grundlage dieser Gutachten sowie Gesprächen mit den Eltern, der Kita und Beobachtungen des Kindes.
Mecklenburg-Vorpommern
Laut §43 Schulgesetz MV erfolgt die Entscheidung durch die Schulleitung. Grundlage sind schulärztliche und schulpsychologische Untersuchungen.
Niedersachsen
Nach §64 NSchG kann Dein Kind zurückgestellt werden, wenn es körperlich, geistig oder seelisch noch nicht schulreif ist. Ein schulärztliches Gutachten ist verpflichtend. Die Entscheidung trifft die Schulleitung.
Nordrhein-Westfalen
Die Regelung zur Zurückstellung wurde 2017 gelockert. Neben dem schulärztlichen Gutachten werden nun auch Gutachten von Ärzten oder Therapeuten berücksichtigt. Die Schulleitung trifft die Entscheidung (§35 SchulG NRW).
Rheinland-Pfalz
Laut § 58 Schulgesetz RLP in Verbindung mit §13 GSO ist ein Antrag bis 15. Mai zu stellen. Es zählen nur gesundheitliche Gründe. Die Schulleitung kann anordnen, dass Dein Kind einen Schulkindergarten besuchen muss.
Saarland
Die Zurückstellung ist gemäß §3 Schulpflichtgesetz SL nur möglich, wenn gesundheitliche Gründe vorliegen und vom Amtsarzt bestätigt werden. Die Schulleitung trifft nach einem Gespräch mit den Eltern die Entscheidung.
Sachsen
Laut §27 Schulgesetz Sachsen kann ein Kind zurückgestellt werden, wenn es körperlich oder geistig noch nicht schulfähig ist. Die Entscheidung trifft die Schulleitung, unter Einbezug von Gutachten oder Tests.
Sachsen-Anhalt
Die Zurückstellung ist hier kaum noch möglich. Auch bei Entwicklungsverzögerungen wird das Kind eingeschult. Die Förderung erfolgt innerhalb der flexiblen Schuleingangsphase (§37 SchulG LSA).
Schleswig-Holstein
Laut §22 Schulgesetz SH ist eine Zurückstellung nur in Ausnahmefällen möglich. Die flexible Schuleingangsphase gilt auch hier. Kinder sollen eingeschult und individuell gefördert werden. In sehr seltenen Fällen ist eine Beurlaubung möglich.
Thüringen
Nach §18 ThürSchulG erfolgt zunächst die schulärztliche Untersuchung, danach ein Gespräch mit der Schulleitung. Erst dann kannst Du den Antrag stellen. Voraussetzung: Es wird erwartet, dass Dein Kind noch nicht erfolgreich am Unterricht teilnehmen kann. Die Entscheidung trifft die Schulleitung.
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