Die Definition von Mobbing im Allgemeinen ist, andere Menschen ständig oder wiederholt und regelmäßig zu schikanieren, zu quälen und seelisch zu verletzen. Wikipedia
„ Ein Schüler / eine Schülerin wird gemobbt, wenn er/sie wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler/Schülerinnen ausgesetzt ist. Eine negative Handlung liegt dann vor, wenn jemand absichtlich einem anderen Schmerz, Verletzung oder Unannehmlichkeiten zufügt oder es versucht …“ Definition nach Dan Olweus Psychologie-Professor und Mobbing-Experte.
Nach Olweus handelt es sich nicht um Mobbing (wird im englischen als Bullying bezeichnet), wenn es sich um zwei gleichstarke Schüler / Schülerinnen handelt zwischen denen ein Konflikt herrscht.
Zeitfaktor
Mobbing passiert regelmäßig über einen längeren Zeitraum und ist nicht nur eine einmalige Attacke. Das Ziel des Täters ist die soziale Isolierung des Mobbing-Opfers.
Formen von Mobbing / Art der Angriffe
Beim Mobbing finden Angriffe in Form von psychischen, physischen und verbalen Attacken statt.
Beispiele für physische Attacken bzw. körperliche Angriffe sind:
- Verprügeln innerhalb der Schule und auf dem Schulweg
- Sachbeschädigung – Gegenstände des Opfers werden beschädigt wie zum Beispiel Kleidungsstücke, Bücher, Schulranzen etc.
- Gegenstände des Opfers werden gestohlen
- Erpressung, Nötigung
- Sexuelle Gewalt
Psychisches Mobbing ist zum Beispiel:
- Systematisches Ausgrenzen und Isolieren aus der Klassengemeinschaft
- Gerüchte und Geschichten werden über das Opfer verbreitet
- Auslachen und verspotten
- Verletzende Bemerkungen
- Das Androhen von körperlicher Gewalt
- Wichtige Informationen werden dem Opfer bewusst vorenthalten
- Bewusstes Ignorieren des Opfers
Machtungleichgewicht
Es ist immer ein deutliches Ungleichgewicht der Positionen von Täter und Opfer zu sehen. Wenn zwischen zwei gleichstarken Kindern ein Streit herrscht zählt dies nicht zu Mobbing.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es kein typisches Opfer und keinen typischen Täter bei Mobbing gibt. Allerdings gibt es einige Merkmale, die Kinder häufiger zu Opfern werden lassen:
- Ein geringes Selbstbewusstsein
- Stilles und empfindliches Naturell
- Ängstliches angepasstes Verhalten
- Als Außenseiter oder Streber angesehen werden
- Weichen von der Klassennorm ab (verschieden Formen sind hier möglich von anderer Hautfarbe oder Nationalität, über Behinderung, keine Markenkleidung bis zu geringerer Körpergröße)
Alle Opfer haben gemeinsam, dass sie es nicht alleine schaffen, das Verhalten des Täters zu stoppen.
Merkmale der Täter
Die Täter zeigen oft folgende Merkmale:
- Sie halten sich für etwas Besseres und wollen sich vor anderen brüsten
- Wollen ihre Stärke demonstrieren und oft auch Anerkennung in der Klasse bekommen
- Ihr Selbstbewusstsein soll durch das Mobbing gesteigert werden
- Möchten Macht und Kontrolle über andere haben
- Abreagieren von Wut und Ärger an anderen
- Sie haben oft Mitläufer in Cliquen
Auch ein gestörtes Schul- oder Klassenklima kann Mobbing auslösen.
Man unterscheidet 4 Phasen des Mobbing
Man kann den Prozess des Mobbing in mehrere Phasen unterteilen. Sehr wichtig ist es, Mobbing so früh wie möglich zu erkennen und einzugreifen. In einem frühen Stadium kann Mobbing noch unterbunden werden. Befindet sich das Mobbing in der „Endphase“ so kann der Prozess meistens nicht mehr gestoppt werden. Dann tragen die Opfer ihre seelischen Verletzungen oft ein Leben lang mit sich.
1. Phase mit einer erhöhten Konfliktneigung: Meinungsverschiedenheiten, Aggressionen, zufällige Konflikte etc. können (müssen aber nicht) der Beginn von Mobbing sein.
2. Phase Mobbing: Jetzt hat sich schon richtiges Mobbing entwickelt. Die anfänglichen Meinungsverschiedenheiten sind mittlerweile übergegangen in körperliche Angriffe oder psychische Attacken. Das Opfer leidet schon unter den psychosomatischen Störungen wie zum Beispiel schlechte schulische Leistungen, Kopf- oder Bauchschmerzen etc.
3. Phase Einmischung: Das Verhalten des Täters wird immer auffälliger. So bemerken dann auch Eltern, Lehrer, Mitschüler oder Außenstehende das Mobbing. Wenn in dieser Phase die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, dann kann das Mobbing noch gestoppt werden. Hier kommt es ganz entscheidend auf die Reaktionen von Lehrkräften und Mitschülern an. Ein konsequentes Einschreiten von den Lehrern / Lehrerinnen und ein Nichttolerieren von den Mitschülern ist die Basis, um Mobbing aufzuhalten. Anderenfalls sieht sich der Täter in seinem Verhalten bestätigt.
4. Phase Ende: Wird spätestens in Phase 3 der Prozess nicht gestoppt dann gehen die seelischen Qualen des Opfers unendlich weiter. Große psychische Störungen sind die Folge. In manchen Fällen begeht das Opfer sogar Selbstmord.
Wie merke ich, ob mein Kind gemobbt wird?
Kinder erzählen oft nicht sofort, wenn sie gemobbt werden. Sie suchen am Anfang die Schuld bei sich selbst und leiden unter den regelmäßigen Angriffen des Täters.
Wenn Du folgende Anzeichen an Deinem Kind bemerkst, solltest Du mit ihm reden:
- Verletzungen, für die Du keine Erklärung hast
- Das Selbstvertrauen Deines Kindes nimmt immer mehr ab
- Die schulischen Leistungen werden (scheinbar ohne Grund) schlechter
- Psychosomatische Störungen wie zum Beispiel Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen etc.
- Dein Kind will sich nicht mehr mit Freunden verabreden
- Das Kind macht häufiger krank oder schwänzt die Schule
Was kann ich für mein Kind tun, wenn es gemobbt wird?
Wenn Du den Verdacht hast, dass Dein Kind gemobbt wird, dann ist das auch für Dich selbst eine extreme seelische Belastung. Versuche trotzdem ruhig zu bleiben, um Deinem Kind nicht noch mehr Schuldgefühle zu vermitteln. Die ersten Maßnahmen, die Du ergreifen kannst sind:
- Einen Termin beim Klassenlehrer / bei der Klassenlehrerin zu machen und Deine Beobachtungen und Vermutungen zu schildern.
- Die Schulleitung über die Situation zu informieren
- Mache Aufzeichnungen darüber WAS ist WANN und WO mit WEM passiert, gibt es dafür Zeugen
- Vereinbare einen Termin mit der sozialpädagogischen Fachkraft der Schule. Sie kann sich mit der Schulleitung und dem Klassenlehrer / der Klassenlehrerin über die weitere Vorgehensweise austauschen.
- Du kannst auch die Klassenlehrkraft darum bitten, einen Elternabend einzuberufen.
- Wenn Du das Gefühl hast, dass die Schule nicht genügend Unterstützung bietet, dann kannst Du das Schulamt oder einen schulpsychologischen Dienst kontaktieren.
- Melde Dein Kind zu einem Selbstbehauptungstraining an. So bekommt es mehr Selbstbewusstsein vermittelt und wird auch für spezielle Mobbing-Situationen trainiert. So kann Dein Kind lernen wie es sich dem Täter gegenüber zur Wehr setzt. Viele Mobbing Opfer haben auch Probleme damit spontan mit einer Antwort zu kontern. Bei geeigneten Trainings können solche Situationen eingeübt werden. Dann kann Dein Kind selbstbewusster und spontaner auftreten.
Die Auswirkungen
Oft nehmen Eltern ihr Kind von der Schule oder lassen ihr Kind in die Parallelklasse wechseln. Das sollte erst ganz zum Schluss erfolgen, wenn alle anderen Maßnahmen versagt haben. Denn wenn das Opfer geht dann sieht sich der Mobber in seinem Verhalten bestätigt. Das Opfer wiederum hat immer noch nicht gelernt sich vor Angriffen von Mobbern zu wehren. Das bedeutet, wenn Dein Kind in der neuen Schule wieder zum Opfer ausgesucht wird, dann fängt das Spiel von vorne an. Die restliche Klasse lernt, dass man als Opfer keinen Schutz von Erwachsen bekommt. Die Mitschüler hoffen jetzt, dass sie nicht das nächste Opfer werden.
Viel besser wäre es den Täter aus der Klasse auszuschließen. Somit wird allen Beteiligten deutlich gemacht, dass ein solches Verhalten nicht toleriert wird. Danach sollte der Lehrer / die Lehrerin das Thema mit der Klasse aufarbeiten. Das ist zwar anstrengender für die Lehrkraft aber im Sinne aller Beteiligten wünschenswerter.
Was tun, wenn mein Kind andere mobbt?
Wahrscheinlich versucht man als Eltern des Mobbers die Sachlage zuerst zu verharmlosen. Ist doch nur ein Streit unter Schülern. Das gibt sich schon wieder. Schließlich möchte man sein Kind in Schutz nehmen und nicht wahrhaben, dass es zu so einem aggressiven Verhalten fähig ist.
Sollte sich aber herausstellen, dass Dein Kind wirklich ein Mobber ist dann kannst Du:
- Dich zuerst mit dem Klassenlehrer / der Klassenlehrerin zusammensetzen und die Situation besprechen. Lass Dir genau schildern was passiert ist und wer daran beteiligt war.
- Bespreche mit der Klassenlehrkraft die möglichen Ursachen für das Verhalten Deines Kindes
- Lass Dich weiterhin durch die Klassenlehrkraft auf dem Laufenden halten.
- Sprich ruhig mit Deinem Kind über die Situation und frage es nach seiner Sicht der Dinge.
- Nimm Dein Kind ernst, mache ihm aber deutlich, dass Du Mobbing nicht tolerierst.
- Gib Deinem Kind einige Hilfestellungen wie es sich in Zukunft verhalten soll.
- Drohe auch Konsequenzen an, falls sich Dein Kind nicht ändert.
Gedanken über die Täter muss man sich insoweit auch machen, da diese Kinder und Jugendlichen eine um 4mal höhere Wahrscheinlichkeit haben, später einmal straffällig zu werden (Olweus). Wenn die Täter keine Bestrafung für ihr Handeln erfahren, dann verfestigt sich ihr Handeln. Weil sie von Kindheit oder Jugend an mit aggressiven Mitteln ihr Ziel durchgesetzt haben. Diese Handlungsweise übertragen sie dann auch auf ihr Erwachsenendasein.
Wo kommt Mobbing vor?
Mobbing ist grundsätzlich in allen gesellschaftlichen Bereichen zu finden.
Im schulischen Bereich kann man unterschiedliche Formen des Mobbing finden je nach Altersstufe der Kinder:
- In der Unterstufe geht es beim Mobbing eher um die Isolation bzw. die Ausgrenzung des Opfers. Kinder, die zum Beispiel im Sport schlecht sind oder sehr still und ängstlich sind werden im jüngeren Alter eher zu Opfern.
- In der Mittelstufe geht es beim Mobbing dann um bestimmt Normen, die nicht eingehalten werden. Wenn zum Beispiel ein Schüler / eine Schülerin die bestimmte Markenkleidung nicht trägt, oder wenn er / sie nicht das gleiche Mainstream-Verhalten zeigt. Oder auch Rivalitäten und Eifersucht bei den ersten gegengeschlechtlichen Beziehungen kann ein Auslöser für Mobbing sein.
- In der Oberstufe spielt dann wieder die Rivalität um die erzielten Leistungen eine Rolle beim Mobbing.
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