Am Tag der offenen Tür sollen Eltern kritische Fragen stellen – das liest und hört man überall. Und auch ich habe einen Artikel geschrieben, in dem Du ganz viele Fragen zum Tag der offenen Tür findest- wenn du dich traust.
Und ja – gute Fragen können helfen.

Aber wenn Du innerlich schon spürst: „Ich traue mich das nicht. Ich will nicht unangenehm auffallen.“ Dann hast Du vor der Schulbesichtigung schon ein ungutes Gefühl und willst eigentlich gar nicht hingehen. Und das ist schon mal eine schlechte Voraussetzung, um eine Schule ganz unvoreingenommen zu checken.
Die gute Nachricht ist: Du kannst eine Schule sehr gut prüfen – auch wenn Du keine einzige kritische Frage stellst.
Du brauchst dafür keine Konfrontation. Du brauchst nur einen aufmerksamen Blick und ein gutes Radar.
In diesem Artikel zeige ich Dir stille Beobachtungsstrategien, die Dir unglaublich viel verraten. Ganz ohne Druck. Und so, dass Du Dich dabei wohlfühlst.
Für wen ist dieser Artikel?
Dieser Artikel ist für Dich, wenn Du …
- beim Tag der offenen Tür lieber zuhörst als diskutierst
- Angst hast, „komisch rüberzukommen“
- Dich im Nachhinein oft ärgerst, dass Du nicht gefragt hast
- trotzdem eine wirklich gute Entscheidung treffen willst
Und ja: Du darfst still sein. Und trotzdem eine gute Entscheidung treffen.
Warum Du nicht „mutiger“ sein musst, um eine Schule zu beurteilen
Eine Schule zeigt sich vor allem in Atmosphäre, Umgang und Alltag.
Viele Dinge, die wirklich zählen, erkennst Du nicht in Broschüren. Und auch nicht in perfekt vorbereiteten Gesprächen. Du erkennst sie in den Momenten „dazwischen“.
Genau dort setzt Deine Beobachtung an.
1) Achte auf die Atmosphäre – die lügt fast nie
Der erste Eindruck ist nicht „oberflächlich“. Er ist Information.
Wenn Du ein Schulgebäude betrittst, spürst Du oft sofort einen Grundton. Jede Schule hat ihn.
Frage Dich im Stillen:
- Wirkt die Schule warm, freundlich und offen?
- Oder eher angespannt, laut, hektisch?
- Fühlst Du Dich willkommen – oder eher wie „nur ein weiterer Termin“?
Wichtig: Dein Empfinden zählt.
Andere Mütter können das anders erleben. Das ist normal. Es geht nicht darum, was „objektiv“ richtig ist. Es geht darum, ob diese Umgebung zu Euch passt.
2) Schau, wie Lehrkräfte mit Kindern sprechen
Guter Unterricht beginnt fast immer mit gutem Umgang.
Achte besonders auf die beiläufigen Szenen. Nicht auf die „Bühnen-Momente“, wenn jemand etwas vorführt.
Beobachte stattdessen:
- Hören Lehrkräfte zu, wenn Kinder etwas sagen?
- Reagieren sie geduldig, wenn ein Kind unsicher ist?
- Bleibt der Ton respektvoll – auch bei Stress?
Diese kleinen Begegnungen sind oft ehrlich. Gerade weil sie nicht geplant sind.
3) Beobachte die Schüler – sie sind der Spiegel der Schule
Du musst niemanden ansprechen, um etwas zu erkennen.
Schau Dir die Kinder an. Ganz ruhig.
- Wirken sie locker, fröhlich, selbstbewusst?
- Oder eher müde, still, gestresst?
- Sind sie miteinander freundlich?
- Wie ist die Stimmung in Gruppen?
Kinder zeigen sehr schnell, ob sie sich grundsätzlich sicher fühlen. Nicht jedes Kind wirkt immer glücklich. Das ist klar. Aber Du kannst oft erkennen, ob die Grundstimmung stimmt.
4) Wirf einen Blick in die Klassenzimmer – und lass Dich nicht blenden
Smartboards, neue Möbel und Hochglanz wirken beeindruckend.
Aber sie sagen nicht automatisch etwas über Lernkultur aus.
Achte auf Dinge, die „Leben“ zeigen:
- Hängen Schülerarbeiten an den Wänden?
- Sieht man, dass dort wirklich gearbeitet wird?
- Wirkt der Raum eher einladend oder eher steril?
- Entsteht der Eindruck: „Hier dürfen Kinder Spuren hinterlassen“?
Ein Klassenzimmer verrät oft den Charakter einer Schule. Und das spürst Du meistens sofort.
5) Hör unauffällig zu – Dein „Radar“ ist Gold wert
Du musst nicht selbst fragen, um viel mitzubekommen.
Beim Rundgang, an Infoständen, in Gesprächen zwischen Eltern und Lehrkräften:
Stell Dein inneres Radar an.
Achte darauf:
- Was betonen Lehrkräfte immer wieder?
(z. B. Leistung, Gemeinschaft, Beziehung, Regeln, Selbstständigkeit) - Was wird auffällig selten erwähnt?
- Klingt vieles nach „Werbung“ – oder nach echter Haltung?
Manchmal ist nicht das entscheidend, was gesagt wird. Sondern das, was konsequent ausgespart bleibt.
6) Spür, wie Dein Kind reagiert – denn das zählt am meisten
Oft sagt Dein Kind beim Rundgang mehr als alle Erwachsenen zusammen.
Beobachte:
- Wird Dein Kind neugierig?
- Traut es sich, etwas anzufassen oder näher heranzugehen?
- Wirkt es willkommen?
- Wird es eher schüchtern oder sogar überfordert?
Kinder spüren sehr schnell, ob ein Ort sich gut anfühlt. Wenn Dein Kind generell schüchtern ist, dann ist das natürlich kein „Beweis“. Aber wenn ein normalerweise extrovertiertes Kind plötzlich bei der Schulbesichtigung sehr zurückhaltend ist, dann kann das ein wichtiges Signal sein.
Wenn Dein Kind innerlich zumacht, ist das eine Information.
Wenn es aufblüht, auch.
7) Mach danach einen Bauchgefühl-Check – und nimm ihn ernst
Nach dem Besuch: mach eine kurze Pause.
Nicht direkt im Auto alles zerdenken.
Und dann frage Dich:
- Habe ich mich wohlgefühlt?
- Vertraue ich dieser Schule?
- Könnte mein Kind hier glücklich sein?
- War etwas komisch – auch wenn ich es nicht benennen kann?
Dein Bauchgefühl ist nicht „unprofessionell“.
Du hast es über Jahre als Mutter entwickelt. Es ist Erfahrung und zeigt Dir oft die richtige Richtung.
So gehst Du raus, ohne Dich klein zu fühlen
Wenn Du merkst, dass Du bei der Schulbesichtigung selbst sehr still warst, sag innerlich nicht:
„Ich hab´s versaut. Ich hätte viel mehr fragen müssen.“
Sag stattdessen:
„Ich habe beobachtet. Ich habe gespürt. Ich habe Informationen gesammelt.“
Du warst nicht passiv. Du warst aufmerksam.
Du darfst still sein – und trotzdem sicher entscheiden
Du musst keine kritischen Fragen stellen, um eine Schule zu prüfen.
Du musst niemanden in Verlegenheit bringen. Und Du musst Dich auch selbst nicht unwohl fühlen.
Du darfst einfach beobachten.
Denn Deine Wahrnehmung ist stark genug – auch wenn Du leise bist.
Und vergiss nicht:
Es geht nicht um die perfekteste, modernste Schule.
Es geht um die Schule, in der Dein Kind sich wohlfühlt.
In der es sich entwickeln kann. In seinem Tempo. Mit seiner Persönlichkeit.
Wenn Du magst, schreib mir in die Kommentare:
Welche Situation am Tag der offenen Tür stresst Dich am meisten?
Ich greife das gern in einem nächsten Artikel auf.
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