Der Lehrermangel an Deutschlands Grundschulen nimmt gravierende Ausmaße an. Gerade erst hat die Bertelsmann Stiftung ihre neueste Studie zum Thema Lehrermangel vorgestellt. Darin schätzen die Bildungsforscher den Lehrermangel an den Grundschulen am höchsten ein. Schon bis zum Schuljahr 2020/2021 werden 9800 neue Lehrer gebraucht. Zwischen den Jahren 2020 und 2025 ist der Bedarf an neuen Lehrkräften bei 11200 pro Jahr. Momentan gibt es aber nur ca. 7000 fertige Grundschullehrer jedes Jahr.
Gründe für den Lehrermangel
Die Gründe für den Lehrermangel sind folgende:
- In den nächsten Jahren wird eine hohe Anzahl an Lehrkräften pensioniert
- Die Schülerzahlen steigen durch höhere Geburtenraten und durch Flüchtlingskinder
- Der Ausbau der Ganztagesschulen wird weiter vorangetrieben
Das Problem mit mehr Studienanfängern für das Lehramt zu lösen klappt nicht. Eine Lehramtsausbildung dauert ca. 6 Jahre. Das würde bedeuten, dass die Hochphase des Lehrerbedarfs schon wieder vorbei ist bis diese ihr Studium abgeschlossen haben.
Lösungsvorschläge
Deshalb schlägt die Bertelsmann Stiftung vor, den zusätzlichen Bedarf zu decken mit
- Momentan in Teilzeit unterrichtenden Lehrern oder Lehrerinnen. Diese sollten ihr Deputat aufstocken und somit länger pro Woche zur Verfügung stehen.
- Lehrern/Lehrerinnen, die eigentlich pensioniert werden sollen. Diese Lehrer sollen überredet werden ihre Pensionierung hinauszuzögern.
- Seiten- und Quereinsteiger sollen vermehrt eingestellt werden.
Ob diese Vorschläge Umsetzbar sind, ist reine Spekulation. Denn, ob sich eine Lehrerin in Teilzeit überreden lässt mehr Stunden in der Woche zu arbeiten, kann nicht vorhergesagt werden. Wenn im Gegenzug keine Kinderbetreuungsmöglichkeiten für deren eigene Kinder vorhanden sind, dann kann schon aus organisatorischen Gründen die Stundenzahl nicht erhöht werden. Auch wie viele Pensionäre sich auf eine Verlängerung ihrer Berufsjahre einlassen ist noch unbekannt.
Die Schulen versuchen auszugleichen, was die Politik verschlafen hat. In Deutschlands Ost-Ländern werden bereits Lehrer aus Polen eingestellt, um den Lehrermangel zu beheben.
Inwiefern diese Maßnahmen gut sind für die Lehrqualität wird sich erst noch zeigen. Alte Lehrer verfügen nicht mehr über den aktuellen Wissensstand bei Themen wie zum Beispiel Digitalisierung. Diese Lehrer können den Kindern das erforderliche Wissen nicht mehr adäquat vermitteln. Quereinsteiger haben oftmals keine pädagogische Ausbildung. Dass diese wichtig ist, merken wir spätestens dann, wenn ein schwieriges Kind dabei ist eine Klasse „zu sprengen“. Ein Lehrer / eine Lehrerin mit pädagogischer Ausbildung kann ein solches Kind innerhalb der Klassengemeinschaft gut führen. Und Lehrer aus Polen oder anderen Ländern haben meist selbst noch Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Wenn diese Lehrkräfte allerdings Fächer wie Sport, Werken, Religion oder andere Fächer unterrichten, in denen es nicht auf jede sprachliche Feinheit ankommt, kann das eine gute Lösung sein.
Politik weist Anschuldigung zurück
Bis zum Jahr 2025 fehlen an unseren Grundschulen 35.000 Lehrer so die Bertelsmann Stiftung. Es werden im Jahr 2025 rund neue 105.000 Lehrer gebraucht. Es gibt dann aber nur 70.000 Absolventen für das Grundschullehramt.
Die Prognose der Kultusministerkonferenz ist aus dem Jahr 2013 und sieht die Entwicklung nicht so dramatisch wie die Bildungsforscher. Diese warnen die KMK, dass die Bedingungen sich geändert haben. So solle die KMK ihre Schülerzahl-Prognose anpassen, um auch die notwendigen Maßnahmen schnellstmöglich einleiten zu können.
Die Politik weist die Anschuldigungen der Bildungsforscher zurück. Der Vizepräsident der Kultusministerkonferenz sagt „die 16 Länder sind sich der Lage bewusst und ergreifen bereits landesspezifische Maßnahmen. Hierfür bedarf es keines Weckrufs“. Auch die Bildungsministerin aus Baden-Württemberg sagte: „die Studie bietet wenig Neues und mach Falsches“. Man ist sich der Situation also bewusst und steuert bereits entgegen.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen der Bertelsmann Stiftung sind in den meisten Bundesländern bereits Realität. So werden schon seit geraumer Zeit Lehramts Pensionäre eingesetzt um den Lehrermangel auszugleichen.
Die geforderten Quereinsteiger gibt es ebenfalls schon. Die Länder haben Programme gestartet, um Quereinsteiger für den Lehrerberuf zu qualifizieren. Um eine gute Qualität des Lehrberufes zu erhalten, sollte mindestens eine halbjährliche Vorqualifikation zur Bedingung gemacht werden, fordert Udo Beckmann der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung. Bisher ist es leider so, dass die Quereinsteiger bereits unterrichten und die Weiterbildung unterrichtsbegleitend durchgeführt wird. Das funktioniert weder für die Quereinsteiger noch für die Kinder so Beckmann.
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